Aussicht auf Schadensersatz?

Wenn Sie eine Anzeige wegen Betrugs erstattet haben, dann wollen Sie, dass die Polizei die Täterschaft ermittelt. Oftmals bekomme ich jedoch auch die Frage gestellt, welche Chancen es gibt, den Schaden wieder ersetzt zu bekommen. Ich will deshalb in diesem Beitrag darauf eingehen, wie wieviel Chancen Sie sich je nach Fallkonstellation ausrechnen können.

Haben Sie Geld ins Ausland überwiesen, dann stehen die Chancen gleich null. Wenn Sie jedoch das Geld auf ein Konto im Inland (also Deutschland) überwiesen haben, dann haben Polizei und Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, die/den Kontoinhaber(in) zu ermitteln. Von dieser Person können Sie theoretisch das Geld zurückfordern. Ob dies gelingt, ist allerdings meiner Erfahrung nach höchst ungewiss, was ich nachfolgend gerne erläutern möchte.


Finanzagenten - Aktuelle Rechtsprechung:

In seinem Urteil vom 16.01.2018 (Aktenzeichen VI ZR 474/16) hat der BGH (Bundesgerichtshof) höchstrichterlich entschieden, dass Finanzagenten nur dann haften müssen, wenn sie leichtfertig gehandelt haben. In dem Fall, der dem Urteil zugrunde lag, hatte der Finanzagent auf eine Jobanzeige geantwortet, womit wir wieder beim vorherigen Beitrag wären.

Zu dem dort beschriebenen Aufgabenfeld sollte gehören, eingehende Geldbeträge abzüglich einer Provision von 10 % ins Ausland weiter zu leiten. Die Gelder, die auf das Konto kamen, stammten schließlich alle aus Straftaten. Damit bestand gleichzeitig der Anfangsverdacht einer Straftat, nämlich dass sich der Finanzagent der Geldwäsche (§ 261 StGB) schuldig gemacht haben könnte.

Nun verlangt aber dieser Straftatbestand, dass der Täter leichtfertig gehandelt haben muss. Mit der Begründung, dass der Finanzagent damit eine Straftat begangen hätte, forderte einer der Käufer sein Geld von diesem zurück. Diese Klage hat der BGH soweit abgewiesen, dass er entschieden hat, dass der Finanzagent nicht leichtfertig gehandelt habe. Lediglich 10% des Betrags, welchen er als vermeintliche Provision erhalten hatte, musste er dem Käufer zurückzahlen. Die Begründung des BGH, dass der Finanzagent nicht leichtfertig gehandelt habe, war die, dass er geschäftlich unerfahren gewesen sei und auch sonst keine Hinweise darauf erhalten habe, dass er sich (unwissentlich) an einem Betrug beteiligt.

Obwohl dieses Urteil allen Personen, die zu Finanzagenten gemacht worden sind, etwas Schutz bietet, so sollte man sich (als Finanzagentin oder Finanzagent) nicht sicher sein, dass dies in allen Fällen und für die Zukunft immer gilt. Der BGH hat die aktuelle Situation bewertet und entschieden, dass dieser Finanzagent nicht leichtfertig gehandelt habe. Das Recht entwickelt sich ständig fort. Es kann sehr gut sein, dass in naher Zukunft hinsichtlich der Frage, ob jemand leichtfertig gehandelt hat oder nicht, andere Kriterien zugrunde gelegt werden.

Wenn nämlich das Gericht zu der Entscheidung kommt, dass zwischenzeitlich bekannt sein müsste, dass Betrüger so handeln, dann handelt man leichtfertig. Außerdem war dies bestimmt kein absoluter Freispruch für den Finanzagenten, denn erstens hatte er den Ärger, solange die Sache durch die verschiedenen Instanzen ging und zweitens kann es sehr gut sein, dass er die Kosten für seinen Rechtsanwalt selbst tragen musste. Allein das ist schon Schaden genug.

Aber für den betrogenen Käufer bleibt die Erkenntnis, dass er nicht nur leer ausgeht, sondern auch seine Anwaltskosten selbst tragen muss. Es steht mir nicht an, dieses Urteil zu kommentieren, aber er folgt leider dem Trend, welchen wir in Deutschland beobachten können, dass die Justiz die Belange der Täter eher als die Opfer beachtet.


Nur wer Geld hat, kann auch vollstreckt werden.

Leider werden gerade die Menschen bevorzugt zu Finanzagenten gemacht, deren finanzielle Situation schon zuvor sehr schlecht gewesen war. Wenn es die Täterschaft geschickt anstellt, dann erhält der Finanzagent nicht einmal eine Provision wie in dem Fall, welcher vor dem BGH anhängig gewesen war.

Wenn die Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft schließlich die Identität der Person feststellen konnten, dann bekommt die oder der Geschädigte oftmals nicht einmal Auskunft von der Staatsanwaltschaft, wenn sie oder er nicht eine(n) Rechtsanwältin / Rechtsanwalt beauftragt. Deren Dienste kosten wiederum Geld, welches die oder der Geschädigte zunächst einmal bezahlen muss. Wenn die/der Finanzagent(in) kein Geld hat, dann kann zwar gegen diese Person ein Mahnbescheid erlassen und schließlich ein Schuldtitel erwirkt werden, aber wenn diese nichts hat und daher nichts vollstreckt werden kann, so wird für den Käufer der Schaden nur noch höher, nämlich wenn die Anwalts-, Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten noch dazu kommen.


Adhäsionsverfahren beantragen

Im deutschen Recht trennt man nach Rechtsgebieten wie Strafrecht, Zivilrecht und Öffentliches Recht. Erstatten Sie eine Anzeige, dann betrifft diese das Strafrecht, zuständig die Polizei, die Staatsanwaltschaft und letztendlich die Strafgerichte. Wenn Sie die Person kennen, die Sie betrogen hat, dann können Sie auf Schadensersatz klagen. Das wiederum ist Zivilrecht, wo Sie vor einem Zivilgericht klagen müssen und dazu unter Umständen einen Anwalt benötigen.

Gemäß § 403 StPO (Strafprozessordnung) gibt es eine Möglichkeit, wie Sie den Schadensersatz auch im Strafverfahren bekommen können, nämlich mit Hilfe des Adhäsionsverfahrens.

Bei dem Kaufpreis, welchen Sie bezahlt (und keine Ware bekommen) haben, handelt es sich um vermögensrechtliche Ansprüche eines Verletzten gegen den Beschuldigten, die aus der Straftat erwachsen sind und die sie eigentlich in einem separaten zivilrechtlichen Verfahren geltend machen müssten. Im Rahmen des Adhäsionsverfahrens können Sie diese nun aber im Strafverfahren geltend machen, sodass das Strafgericht im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Täter über Ihren zivilrechtlichen Anspruch entscheidet.

Voraussetzung ist, dass es sich um kein Verfahren nach dem Jugendstrafrecht handelt, dass Sie einen entsprechenden Antrag gestellt und noch keine zivilrechtlichen Schritte unternommen haben. Wenn das Gericht zum Ergebnis kommt, dass Ihnen ein Anspruch gegen den Angeklagten zusteht, kann es den Angeklagten zur Zahlung einer Entschädigung verurteilen. Ansonsten wird der Adhäsionsantrag abgelehnt, aber dennoch steht Ihnen weiterhin der Zivilrechtsweg offen.

Dabei haben Sie das Recht, Prozesskostenhilfe zu beantragen und einen Rechtsanwalt beiordnen zu lassen (§ 404 Abs. 5 StPO), wie dies in einem gewöhnlichen Zivilverfahren auch der Fall wäre.

Was die Gerichtskosten betrifft, so sollten Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten lassen.
Im Falle, dass Sie Prozesskostenhilfe erhalten und Ihr Antrag dennoch abgelehnt wird, übernimmt der Staat die Gerichts- und Anwaltskosten. Im Falle, dass der Angeklagte verurteilt und zur Zahlung verpflichtet wird, trägt in der Regel der Verurteilte auch die Anwalts- und Gerichtskosten des Adhäsionsverfahrens. Wenn das Verfahren eingestellt wird, wird das Adhäsionsverfahren unzulässig. In diesem Fall können aus Billigkeitsgründen gem. § 472a Abs. 2 Satz 2 StPO die Gerichtskosten der Staatskasse auferlegt werden.

Aus meiner Sicht ist es immer einen Versuch wert, einen Antrag auf Adhäsionsverfahren zu stellen. Falls Sie einen Rechtsanwalt konsultieren, dann sprechen Sie ihn darauf unbedingt an.


Der Verkäufer war nur ein „Schlamper“

Ab und zu haben Geschädigte eines Warenbetrugs (also die Käufer) auch Glück, dass ihr Geld, welches sie bezahlt haben, nicht auf das Konto eines Finanzagenten geflossen ist, sondern auf das eines Kleinkriminellen oder eines sogenannten Schlampers (wobei die Frauen nicht ausgeschlossen werden sollen).

Es gibt Menschen, den reicht das Geld gerade bis 20. des Monats. Oder das Kind der alleinerziehenden Mutter braucht ein neues Smartphone, um nur ein Beispiel zu nennen. Also verkaufe ich was bei eBay, dann kommt Geld rein. Das hat geklappt, Geld ist da, Not ist vorbei. Geliefert wird nicht. Zwar nervt der Käufer, aber am Anfang vertröstet man ihn mit allen möglichen Ausreden und sperrt man ihn. Und dann passiert aus Sicht dieser Menschen zunächst gar nichts mehr. Ist also gut gegangen.

Mittlerweile geht der Käufer zur Polizei und erstattet Anzeige, zunächst einmal gegen Unbekannt. Da sind schon zwei oder drei Wochen ins Land gezogen. Leider verfügt die Polizei immer noch nicht über eine Hellseher-Kugel, sondern muss erst mittels einer Anfrage bei der Bank die Personalien des Kontoinhabers ermitteln. Auch das kann dauern, da manche Banken sich diesbezüglich Zeit lassen. Dann geht der Vorgang zu der Staatsanwaltschaft, die für den Wohnort des Käufers zuständig ist. Von dort aus wandert er, sobald eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt Zeit gefunden hat, sich der Sache anzunehmen (Justiz ist bekanntlich permanent überlastet), an die Staatsanwaltschaft, die für den Wohnort des Kontoinhabers zuständig ist.

Es kann Wochen oder sogar Monate dauern, bis der Verkäufer von der Polizei kontaktiert wird. Jetzt erst wird realisiert, dass ein Strafverfahren anhängig ist. In vielen Fällen entwickelt jetzt die Person, gegen die sich das Verfahren richtet, Aktivitäten, um eine Verurteilung doch noch zu vermeiden. Mit der Ausrede „Wollte zurückzahlen, aber hatte keine Daten mehr“ kommt man nur weiter, wenn man alsbald tatsächlich den Betrag zurückbezahlt. Also besorgt man sich durch irgendwelche Aktivitäten, und sei es durch Betteln bei Freunden und Verwandten, das Geld und zahlt es zurück.

Auch wenn es nur selten vorkommt, aber dann und wann bekomme ich die Rückmeldung vom Geschädigten, dass das Geld zurückbezahlt worden ist. Ergo ist nicht alles von vorneherein hoffnungslos, weshalb Sie auf jeden Fall eine Anzeige erstatten sollten. Und sollte man Sie an einer Wache mit der Bemerkung abweisen, dass das doch nichts bringen würde, dann seien Sie entweder hartnäckig oder gehen Sie über das Internetportal der Polizei für Ihr Bundesland (Polizei ist Ländersache).


Besonderheit N26 Bank:

Auf eine Besonderheit, die vor allem die bereits erwähnte N26 Bank (BLZ 1001 1001) betrifft, muss ich Sie noch hinweisen: Obwohl Sie ihre Überweisung auf das deutsche Konto bei dieser Bank getätigt haben und als Empfänger die „Erika Mustermann“ (deutscher Name) angegeben haben, kann es sich bei dem Kontoinhaber um den Pierre Leroc (Name frei erfunden) aus Paris (Frankreich) handeln. Oder um eine Person aus Tschechien, Litauen oder Bulgarien, um weitere Beispiele zu nennen.

Diese Bank wirbt damit, dass sie Kunden aufnimmt, die Ihren Wohnsitz im Ausland haben. Bei nahezu 80% der Fälle, die ich in der letzten Zeit bearbeitet habe, bekomme ich leider diese Auskunft. Daher zum Anschluss nochmals meine Warnung:

Vorsicht bei Überweisungen auf ein Konto bei der N26 Bank (Bankleitzahl 1001 1001 oder IBAN DExx 1001 1001 xxxx xxxx xx).


 

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