Stellenanzeige als Falle für zukünftige Finanzagenten

Aus einem selbst protokollierten Fall, von welchem ich mit ausdrücklichen Einverständnis der Geschädigten berichten darf, kann ich die Vorgehensweise der Täterschaft sehr gut beschreiben: Es fing mit einer Stellenanzeige an, die im Internet veröffentlicht wurde. Die Stellenbörse „Indeed“ (nicht ‚Ingrid‘, um bei dem Werbeslogan zu bleiben) zum Beispiel ist mit Sicherheit eine seriöse Möglichkeit, dass Arbeitssuchende Jobs und Unternehmen neue Mitarbeiter finden können. Aber allein schon die Masse der täglichen Angebote macht es unmöglich, jedes Stellenangebot zu prüfen. Sonst bräuchte man viele, viele Mitarbeiter und das Angebot würde sehr teuer werden.

Die Täterschaft schuf deshalb eine virtuelle Firma mit eigener Website im Internet. Das geht relativ schnell und einfach und bei einer Internet-Recherche stellt man fest, dass es die Firma wirklich gibt. Wirklich? Eben nicht, denn nicht alles, was es im Internet zu sehen gibt, muss auch wirklich stimmen. Im Übrigen geht es auch einfacher, was in der Natur der Kuckuck seit je her vorgemacht hat: Die Täterschaft sucht sich im Internet einfach ein passendes Unternehmen aus und schmückt sich mit fremden Federn. Und schon kann man auf die Suche nach neuen Mitarbeitern gehen.

So bewarb sich auch eine Mutter von noch jungen Kindern, die eine Beschäftigung suchte, die sie von zuhause aus erledigen konnte. Also nahm sie mit der Firma Kontakt auf und bekam recht bald schon eine Antwort. Wenn man sich auf eine Stelle bewerben will, dann ist es von je her der Brauch, dass man Bewerbungsunterlagen vorlegen muss. Diesen Umstand nutzte die Täterschaft aus und bat die Frau, Bewerbungsunterlagen einzureichen. Und während man früher eine Bewerbungsmappe aus Papier zusammenstellen und diese mit der Post (an die Adresse der Firma) verschicken musste, so macht man das heute online.

Bilder und Daten online zu verschicken, hat aber einen entscheidenden Nachteil: Während ich beim Postversand zumindest die Zieladresse kenne, so weiß ich beim Onlineversand überhaupt nicht, wo meine Unterlagen landen. Nachdem die Frau wahrheitsgemäß ihre Daten angegeben und daneben noch Bilder von ihrem Ausweis übermittelt hatte, war die Täterschaft jetzt schon im Besitz von Dokumenten, die auf eine fremde Identität hindeuteten. Aber damit war sie noch nicht am Ziel.

Die Täterschaft legte mit den Daten der Frau eine neue E-Mail-Adresse an, wo nur die Täterschaft selbst Zugriff hatte. Die Frau hatte nicht einmal eine Ahnung, dass es diese Adresse überhaupt gab. Mit dieser E-Mail-Adresse und den Bildern von dem Ausweis beantragte die Täterschaft nun bei einer Online-Bank ein Konto, welches zwar eingerichtet worden, aber noch nicht funktionsfähig geworden war. Es musste noch das Video-Ident-Verfahren durchgeführt werden, wozu der Täterschaft die notwendigen Daten übermittelt wurden.

Nun musste mit einer passenden Geschichte das Opfer nur noch dazu überredet werden, dieses Verfahren durchzuführen. In vielen Fällen klappt dies auch, weil die Täterschaft einerseits kreativ ist und andererseits das Druckmittel einsetzen kann, dass es ansonsten mit dem gut bezahlen Job nichts werden wird. Doch selbst, wenn das Opfer dazu überredet werden konnte und schließlich das Video-Ident-Verfahren erfolgreich durchlaufen hat, weiß ich, dass dank der neuen Sicherheitsbestimmungen die Täterschaft noch nicht am Ziel ist, Wie ich bereits erwähnt habe, schlagen die Banken dem neuen Kontoinhaber vor, dass die Bedienung des Kontos an das Smartphone geknüpft wird, mit welchem das Video-Ident-Verfahren durchgeführt worden ist. Im Klartext bedeutet dies, dass die Täterschaft immer noch nicht über das Konto verfügen kann.

In dem Fall, worauf ich meine Erkenntnisse stütze, hatte mir die Geschädigte den kompletten Chatverlauf zur Verfügung gestellt.

Ganz eindringlich wurde Sie vor dem Video-Ident-Verfahren mehrfach darüber belehrt, dass Sie das Konto nicht an ihr Smartphone koppeln dürfe und die Täterschaft fragte sogar nochmals extra nach, ob sie diese Bedingung verstanden habe.

Dann wurde ihr auch gesagt, dass sie nach dem erfolgreichen Durchlaufen des Video-Ident-Verfahrens eine SMS mit einem Code bekommen würde, welche sie auf keinen Fall in der App eingeben, sondern dem vermeintlichen neuen Arbeitsgeber übermitteln solle. Dieser Code sei für die Finanzabteilung der Firma bestimmt, wurde ihr gesagt.

Ich gehe davon aus, dass seitens der Täterschaft nach Durchlaufen des Video-Ident-Verfahrens online beantragt werden sollte, das Konto an ein anderes Smartphone (der Täterschaft) zu koppeln, um damit Zugriff auf das Konto zu bekommen. Jetzt wurde die junge Frau glücklicherweise doch misstrauisch und suchte bei der Polizei Rat, weshalb ich mit ihr in Kontakt kam. Entgegen der Anweisung der Täterschaft hat sie dann in meinem Beisein das Konto an ihr Smartphone gekoppelt und konnte danach erfolgreich die App nutzen. Damit war der Versuch der Täterschaft gescheitert.

Leider reagieren nicht alle potentiellen Opfer so, wie die junge Mutter, die von der Täterschaft gnadenlos zur Finanzagentin gemacht worden wäre, wenn sie nicht noch in letzter Minute misstrauisch geworden wäre. Dabei muss ich erwähnen, dass die Falle wirklich sehr gut gestellt war. Die Anzeige auf der Jobbörse ‚Ingrid‘ war sehr professionell und unverdächtig gemacht. 

Auch hat die Täterschaft sehr gute Argumente in Feld geführt, warum die junge Frau gerade diese Vorgehensweise unbedingt einhalten müsse. „Wenn Sie uns den Code nicht übermitteln, dann kann unsere Finanzabteilung nicht das Konto mit ihrem Lohnkonto koppeln“, wurde ihr per WhatsApp mitgeteilt und ihr angedroht, dass das Arbeitsverhältnis in letzter Minute noch platzen würde.

Es ist aus diesen Gründen verständlich, warum immer wieder Menschen auf diese Maschen herein fallen. Mit ‚Home Office’ konnte vor etlichen Jahren kaum jemand etwas anfangen, heute wird immer mehr davon geredet, dass dies die Zukunft sei. Gerade für Mütter von jungen Kindern bedeutet diese Art der Arbeit mehr zeitlichen Spielraum, um für ihre Kinder da zu sein, auch wenn diese zwischenzeitlich in der KiTa oder im Kindergarten sind. Aber oftmals gibt es gar keinen KiTa-Platz, sodass die Mütter gerade in solche Arbeitsverhältnisse gedrängt werden. Diesen Umstand macht sich die Täterschaft skrupellos zu Nutze.

Was die angebotenen Jobs betrifft, so ist die Täterschaft immer sehr kreativ. Die Jobangebote sind professionell gemacht und daher zunächst unauffällig. Ein mögliches Merkmal ist jedoch das, dass meistens sehr verlockende Angebote gemacht werden. In dem von mir erwähnten Fall wurde ein Stundenlohn von 16,00 EUR bei freier Zeiteinteilung mit einer frei wählbaren Wochenarbeitszeit zwischen 5 und 50 Stunden angeboten. Da überlegt man es sich schon zweimal, ob man solche ein Angebot ausschlagen soll. 

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