Dienstag, 31. Dezember 2019

Online-Händlern machen es Betrügern immer noch zu leicht.

Einkaufen im Internet ist für viele selbstverständlich geworden. Man kann bequem von zuhause aus suchen, dabei sogar noch Preise vergleichen und hat mitunter eine noch größere Auswahl, als wenn man in ein Kaufhaus gehen würde. Und wenn etwas nicht passt oder gefällt, dann schickt man es einfach wieder zurück. Tolle Sache.

Dass die Kehrseite der Medaille ganz anders aussieht, wird dabei gerne vergessen. Abgesehen davon, dass viele der Personen, die die Pakete ausliefern, 6 Tage in der Woche (also auch an Samstagen) mitunter unter Mindestlohn arbeiten müssen, dass vermutlich auch die Öko-Bilanz beim Versandhandel nicht gerade günstig ausfällt, wenn jeder Artikel einzeln geliefert wird, vom Verpackungsmaterial und den Rücksendungen einmal abgesehen, so liest man zudem in den Medien von Sachverhalten, die einem nur noch als absurd vorkommen können: Angeblich werden die ganzen oder ein Großteil der Rückläufer bei einem großen Händler mit einem A im Namen, selbst wenn sie noch original verpackt seien, einfach vernichtet, wie ich dieser Tage lesen musste.

Doch all dies ist nicht das Thema meines Beitrags, denn ich will nachfolgend eine andere Facette des Online-Handels beleuchten und habe die Einleitung nur deshalb gewählt, um zu verdeutlichen, dass das man diese anscheinend so zeitgemäße Form des Einkaufens nicht bedingungslos als eine gute Errungenschaft sehen sollte. Online-Handel mag dort seine Berechtigung haben, wo Güter gehandelt werden, die man eben nicht in jeder Stadt und auch nicht in jeder Großstadt bekommt, aber die Umsätze der Marktführer von A bis Z (die Namen können Sie sich denken) sprechen da eine andere Sprache.

Solange es Supermärkte und Einkaufszentren gibt, wird es erfahrungsgemäß auch immer Ladendiebstähle geben, wobei sich der Einzelhandel schon bemüht, diesem Phänomen entgegen zu wirken, indem nicht nur bestimmte Güter besonders gesichert werden, sondern auch durch den Einsatz von Ladendetektiven, um ein gewisses Maß der Abschreckung zu erreichen. Was allerdings den Online-Handel betrifft, so scheint man hier keinen so großen Wert darauf zu legen. Beim Verkauf kann immer wieder und immer noch beobachtet werden, dass seitens der meisten Händler eine übermäßig große Sorglosigkeit herrscht:

Sicherlich ist es für den Händler so gut als unmöglich, die Identität des Käufers zu ermitteln bzw. sicher festzustellen. Trotzdem bieten die meisten Händler auch für Kunden, die sie noch nicht kennen, also auch für Erstkunden, Zahlungsoptionen wie das Lastschriftverfahren oder Zahlung auf Rechnung an. Auch wird offenbar kritiklos hingenommen, dass die Rechnung nach Stuttgart und die Ware nach Düsseldorf geschickt werden soll, also dass Rechnungs- und Lieferadresse voneinander abweichen. Hauptsache, man hat schnell verkauft.

Aber halt: Wichtiger als das Verkaufen ist doch, dass der Kunde die Ware auch bezahlt. Selbst das Lastschriftverfahren ist hier nicht sicher, denn wenn der Käufer ein fremdes Konto zum Einzug des Kaufpreises angibt, dann fällt der Schwindel erst dann auf, wenn die Ware schon lange geliefert worden ist. Und damit komme ich zum Kernpunkt meiner Ausführungen:

Der Online-Handel macht es in vielen Fällen Betrügern viel zu leicht, ohne zu bezahlen an die Waren zu kommen. Sicherlich ist noch immer die Masse der Käufer ehrlich, sodass man diesen Schwund vermutlich bereits einkalkuliert hat, auch wenn der ehrliche Käufer letztendlich, wenn auch zu einem geringen Anteil, den Schadensersatz für diese Betrüger mit trägt. Und schließlich gibt es auch noch die Inkasso-Unternehmen, die spätestens dann auf den Plan treten, wenn auf Rechnungen und Mahnungen keine Reaktion erfolgt ist.

Dass dabei die Inkasso-Unternehmen letztendlich auch Geld verdienen, steht außer Frage. Dort, wo sie zurecht aktiv werden, halte ich das durchaus für gerechtfertigt, aber in vielen Fällen, die mir bekannt wurden, hätte man deren Dienste gar nicht gebraucht, wenn vorher etwas mehr Sorgfalt an den Tag gelegt worden wäre. Denn wenn Betrüger am Werk waren, dann werden meistens später auch Unbeteiligte darin verwickelt und für diese kann dies zum wahren Alptraum werden.

So erging es einer jungen Frau, die sich über einem längeren Zeitraum ständig Mahnungen und Inkassoschreiben ausgesetzt sah. Im Sommer hatte eine unbekannte Täterschaft damit begonnen, in verschiedenen Shops im Internet einzukaufen und benutzte dabei den Namen und die Adresse der jungen Frau, zumindest, was die Rechnungsadresse betraf. Eingekauft wurde entweder auf Rechnung oder mittels des Lastschriftverfahrens (über ein fremdes Konto), was, wie bereits erwähnt, offenbar immer noch bei vielen eShops problemlos möglich ist.

Da beim Online-Einkauf die Rechnung zuerst via E-Mail geschickt wird und deshalb an die Täterschaft ging, erfuhr die junge Frau zunächst nichts davon. Erst, als keine Bezahlung erfolgte und eine per E-Mail übersandte Zahlungserinnerung auch nicht gefruchtet hatte, bekam sie Briefe von verschiedenen Händlern, oftmals schon von Inkasso-Unternehmen, wo ihr mitgeteilt wurde, dass sie die berechtigte Forderung des Händlers immer noch nicht beglichen habe. Man drohte ihr mit Schufa-Einträgen, Zwangsvollstreckung und Lohnpfändung, um nur ein paar der vorgezeigten Waffen zu nennen, die Inkasso-Unternehmen gerne gebrauchen.

Der jungen Frau blieb keine andere Wahl, als dass sie sich jedes Mal mit dem Händler oder dem Inkasso-Büro in Verbindung setzen und erklären musste, dass sie weder Ware bestellt noch bekommen habe. Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich: Es gab Händler, die das sofort akzeptieren, andere blieben hartnäckig und bestanden weiter auf der Zahlung. Als sie dann nachfragte, wohin die Ware geliefert worden sei, erhielt sie nicht nur einmal die Auskunft, dass man ihr das aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht sagen dürfe.

Ich muss dabei immer schmunzeln, wenn der Datenschutz dazu benutzt wird, berechtigte Auskünfte zu verweigern. Denn zum Zeitpunkt, als die Daten gespeichert wurden, da kannte man offenbar den Datenschutz nicht oder man nahm ihn einfach nicht ernst, denn die jeweiligen Händler haben die Daten der jungen Frau letztendlich ohne deren Einverständnis gespeichert. Wenn ein Inkasso-Unternehmen beauftragt wurde, dann wurden diese sogar unberechtigt weiter gegeben. Aber wenn dann die Person nachfragt, deren Daten unrechtmäßig gespeichert wurden und man verweigert die Herausgabe derselben aus Datenschutzgründen, dass ist das für mich nur noch absurd, wenn nicht sogar pervers.

Als sie schließlich keinen anderen Ausweg mehr wusste, erstattete sie Anzeige gegen Unbekannt, wobei die Taten auch nach der Anzeigeerstattung nicht aufhörten, sondern es wurden immer wieder neue Fälle bekannt. Dabei wurde bekannt, dass bei manchen Online-Händlern gleich mehrfach hintereinander bestellt worden war, ohne dass dies aufgefallen wäre. Anfangs hatte sich die Täterschaft bemüht, die Beträge unter 100 Euro zu halten, weil sie vielleicht vermutet hatte, dass bei kleineren Beträgen die Händler großzügiger sein würden. Aber offenbar wurde keiner der besagten Händler misstrauisch, dass an drei oder vier Tagen hintereinander Bestellungen aufgegeben wurden. Bei einem bekannten großen Internet-Händler (ohne A im Namen) häuften sich die Rechnungen auf über 2.000 Euro.

Was aber das besondere an diesem Fall war und weshalb ich mich auch entschlossen habe, diesen Beitrag zu schreiben, das war, dass die Täterschaft für alle betrügerischen Bestellungen immer die gleiche Lieferadresse angegeben hatte. Es handelte sich dabei keineswegs um die Adresse der jungen Frau, die jedes Mal lediglich als Rechnungsadresse angegeben wurde, sondern um die Adresse einer in einem ganz anderen Bundesland niedergelassen Firma, deren Geschäftszweck es ist, für fremde Personen Pakete und Warensendungen anzunehmen und diese dann weiter zu schicken. So landeten alle Waren letztendlich in China und der Geschäftsführer dieser Firma rechtfertigte sein Tun damit, dass dieser Service für Kunden aus China notwendig sei, weil viele deutsche Händler nicht nach China liefern würden.

Wenn Sie als Privatperson so etwas machen, dass sie also für eine andere Person die Vorteile aus einer Straftat (in diesem Fall die Waren, die aus einer Betrugstat stammen) ins Ausland verbringen, dann wird die Staatsanwaltschaft gegen Sie wegen Geldwäsche (ein Straftatbestand im Strafgesetzbuch) ermitteln, auch wenn viele Verfahren dann wieder eingestellt werden, wenn anzunehmen ist, dass der oder die Beschuldigte ahnungslos gewesen war. Aber offenbar ist das für gewisse Firmen legal, die mit diesem Service sogar werben und sicherlich auch daran verdienen.

Wenn Sie als Privatperson einmal in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt haben und nicht gleich alle Schulden begleichen konnten, dann ist es wahrscheinlich, dass Sie in einer Datei verzeichnet und deshalb nicht mehr kreditwürdig sind. Das trifft aber nur den Ehrlichen, oder soll ich sagen: den Dummen? Wenn jemand beim Handel nicht mehr kreditwürdig erscheint, dann bestellt man auf den Namen einer seiner Kinder oder der Oma, egal, wie alt die Person ist. Trotzdem gibt es diese Datei bzw. Dateien, vor der viele Menschen Angst haben.

Aber anscheinend schafft es der Handel nicht, gewisse Lieferadressen in einer Datei zu vermerken, um vorzubeugen, dass die Täterschaft immer wieder die gleiche Adresse benutzen kann. Ich fordere ja nicht, dass dann gewisse Adressen gar nicht mehr beliefert werden dürfen, aber wenn man in solchen Fällen auf Vorkasse bestehen würde, dann stünde einer Lieferung auch nichts mehr im Wege. Aber es möge mir keiner mit dem Argument kommen, das gehe aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht.

Denn wenn bei einer Bestellung mit anschließender Lieferung etwas feststeht, dann ist es die Lieferadresse, wohin die Waren geliefert wurden. Alle anderen Daten, insbesondere der Name und die (Rechnungs-) Adresse des Kunden, sind nirgends überprüft worden, weil sie ohne größeren Aufwand nicht überprüft werden konnten. Wenn aber der Speicherung dieser nicht überprüften Daten offenbar nichts im Wege steht, dann ist es unerklärlich, warum eine nachweislich von Betrügern genutzte Lieferadresse nicht gespeichert werden sollte.

Ich muss zur Ehrenrettung des Online-Handels noch erwähnen, dass es auch zahlreiche, offenbar ‚kleinere’ Händler gibt, die viel mehr Sorgfalt an den Tag legen und bei Verdachtsmomenten den Kunden freundlich um Vorkasse bitten. Sie möchte ich ermutigen, dies weiter zu tun, denn irgendwann wird sich diese Vorgehensweise auch auszahlen, wenn die Betrugstaten im Internet weiter zunehmen, weil man insbesondere im Ausland merkt, wie einfach dies in Deutschland geht.

Ich wünsche Ihnen als Käufer, dass Ihnen nicht das Gleiche passieren soll, was dieser jungen Frau passiert ist. Aber wenn doch, dann erstatten Sie eine Anzeige bei der Polizei. Zwar sind die Möglichkeiten, die Täterschaft bei solch einer Konstellation zu ermitteln, äußerst gering, aber die Erfahrung lehrt, dass die Forderungen meistens eingestellt werden, wenn dem Händler oder dem Inkasso-Unternehmen bekannt wurde, dass Anzeige erstattet worden ist.


Wer mehr von mir lesen möchte, den lade ich gerne auf meine Website BJGmedia ein.

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